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Mein Lesetipp: "Das Rosie Projekt"

Veröffentlicht am 17.11.2014

Genetik-Professor Don Tillman nimmt die Welt anders wahr, als die vermeintlich normalen Leute um ihn herum. Er hält sich akribisch an selbst aufgestellte Regeln und Zeitpläne – ohne die gerät er aus dem Takt. Gesellschaftliche Regeln hingegen, verwirren ihn. Auch alles Zwischenmenschliche ist ihm fremd, besonders die Sache mit den Gefühlen. Ständig versucht er, die Logik hinter den irrationalen Verhaltensweisen seiner Mitmenschen zu ergründen und sich anzupassen, indem er sie einstudiert. Denn eigentlich will Don Tilman doch dazugehören …

Dons Leben besteht quasi aus Projekten. Und weil es mit neununddreißig nun mal an der Zeit ist, sich fortzupflanzen, steht das Ehefrau-Projekt auf dem Plan. Es gilt, die perfekte Partnerin zu finden, denn Kompromisse akzeptiert Don nicht. Und seine Zeit auf ein Date zu verschwenden, bei dem sich dann herausstellt, dass die Kandidatin womöglich raucht, Vegetarierin ist oder gar unpünktlich, kommt für ihn nicht in Frage. Um ungeeignete Frauen von Vornherein auszusortieren, entwirft er einen siebzehn-seitigen Fragenbogen und verteilt ihn unter potentielle Kandidatinnen. Aber dann lernt er Rosie kennen: Raucherin, Vegetarierin, unpünktlich, von irrationalen Gefühlen beherrscht und offensichtlich nicht besonders intelligent, weil sie als Barkeeperin arbeitet. Für das Ehefrau-Projekt mehr als ungeeignet, das ist Don sofort klar. Aber Rosie sucht ihren leiblichen Vater und was läge da näher, als ihr bei diesem Projekt mit seinen Genetik-Kenntnissen zu helfen? Ehe er es sich versieht, steckt Don Tillman mitten im Vater-Projekt und tut auf einmal Dinge, die er nie für möglich gehalten hätte. Und das erstaunliche ist: Er hat Spaß dabei! Schnell ordnet Don die Treffen mit Rosie in die Kategorie „Schönste Augenblicke im Leben“ ein und das Vater-Projekt verwandelt sich mehr und mehr in ein ganz anderes: Das Rosie-Projekt.

„Bei der Einschätzung von Elizabeths Tauglichkeit als potentieller Partnerin – eine Person, die mir intellektuelle Stimulation bieten soll, mit der ich Freizeitaktivitäten teilen und mich vielleicht sogar fortpflanzen werde – war Claudias erste Sorge, ob mir die Wahl ihrer Brillenfassung zusagt, die vermutlich nicht einmal ihrer eigenen Wahl entsprach, sondern das Ergebnis der Beratung eines Optikers war. In so einer Welt muss ich leben!“

Graeme Simsion gelingt es, den Leser unmittelbar in Dons Welt zu entführen, und das mit viel Humor und Augenzwinkern. Dabei macht sich der Autor in keiner Sekunde über das Verhalten von Don Tillman lustig. Don, als Ich-Erzähler, erkennt selbst, dass er nicht so wie andere Menschen ist und handelt. Sich anzupassen versucht er nur, um sich und anderen das Leben leichter zu machen. Ansonsten ist es für ihn in Ordnung, anders zu sein. Und wenn er versucht, Konventionen zu ergründen, entlarvt er so manche menschliche und gesellschaftliche Schwäche. Auf diese Weise hält der Roman trotz aller Situationskomik ein paar wichtige Lektion bereit: Man darf anders sein, das ist okay. Und nichts ist derart in Stein gemeißelt, als dass man es nicht hinterfragen könnte. Ein tolles Buch, das Mut macht und zum Nachdenken anregt. Und man hat beim Lesen sogar Spaß dabei …

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